Zum ersten Mal dabei – Interview mit Marie Wittenberg
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Quintana Roo, 2013: Etwa die Hälfte des Teams besteht aus Freiwilligen, die zum ersten Mal bei einem unserer Einsätze helfen. Eine von ihnen ist Marie Wittenberg. Die 22-Jährige ist ausgebildete Fremdsprachenkorrespondentin, arbeitet nun aber in einer sozialen Einrichtung mit behinderten Menschen.

Marie Wittenberg
Marie Wittenberg

Marie, was ist hier deine Aufgabe?

Ich helfe Judit Balacz, der Dermatologin, und übersetze für sie. Das ist mein erster offizieller Übersetzerjob überhaupt: In der Sprachschule habe ich zwar Dolmetschen gelernt, aber die Arbeit hier ist für mich trotzdem wie ein Sprung ins kalte Wasser. Manchmal ist es ziemlich anstrengend: Viele Leute sprechen undeutlich oder haben einen starken Akzent. Meist bitte ich sie dann, alles noch einmal langsamer zu wiederholen, und dann klappt es. Die Patienten zeigen auch oft mit den Händen, wo es ihnen wehtut, das erleichtert das Verständnis. Außerdem wiederholt sich vieles, wenn die Patienten ihre Symptome beschreiben.

Mit welchen Krankheitsbildern wart ihr denn heute vor allem konfrontiert?

Mit Hautpilzen und oft mit Krätze. Judit sagte, das sei eine der häufigsten Krankheiten hier: Je tiefer man in die Dörfer hineinkomme, um so mehr Fälle sehe man. Viele Patienten kamen heute auch wegen ihrer trockenen Haut. Oder wegen Pigmentstörungen. Vieles davon hat mit den Lebensumständen zu tun. Die Leute sind viel im Freien und die Sonne beschädigt die Haut ...

Die Sonne ist ja hier viel aggressiver als bei uns in Deutschland ...

Ja. Oder es kommt auch vor, dass die Leute auf der Arbeit viel mit Schmutz und Staub zu tun haben und sich nicht richtig waschen können, etwa weil sie keine Dusche in der Wohnung haben. Wir fragen deshalb meistens, was die Leute arbeiten, das spielt oft eine Rolle.

Hast du dir das alles so vorgestellt? Die Lebensumstände der Menschen hier, die Armut ...

Im Grunde schon. Denn ich war zweimal in Mittelamerika und habe ähnliche Gegenden schon vorher gesehen. Ich konnte mir also ganz gut vorstellen, was hier auf mich zukommt. Es ist aber schon auffallend, dass es hier so teure Hotels gibt und ganz in der Nähe alles so arm und heruntergekommen ist. Für jemanden, der noch nie in einem solchen Land war, ist das sicher ein Schock.

Warum wolltest du an einem medizinischen Einsatz teilnehmen? Was ist deine Motivation?

Ich hatte schon immer den Wunsch, an Hilfsprojekten teilzunehmen. Am liebsten würde ich sowas beruflich machen. Und nun bin ich hier! Als ich auf der Sprachenschule war, dachte ich nämlich oft, das ist eigentlich nicht mein Ding, ich würde lieber was Anderes machen.

 Arbeitest du deshalb inzwischen in einem anderen Beruf?

DSC_0120Ja, ich wollte eigentlich immer was Soziales machen. Das ist mir auch während der Ausbildung deutlich bewusst geworden. Aber ich bin froh darüber, dass ich hier mein Spanisch richtig einsetzen kann. So hat für mich nun doch alles einen Sinn bekommen!

Eigentlich hast du sogar das perfekte Profil für die Arbeit hier: Du sprichst mehrere Sprachen sehr gut und arbeitest in einer sozialen Einrichtung. Gibt es etwas, was dir an deinem ersten Tag hier besonders aufgefallen ist?

Die Leute sind alle so nett, freundlich und geduldig. Es ist für mich wirklich schön, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Außerdem wollen sie immer sehr genau wissen, was die Ursache für ihre gesundheitlichen Probleme ist. Sie fragen präzise nach und vorher schon warten sie stundenlang geduldig, bis sie mit einem Arzt sprechen können. Diese Geduld und die Freundlichkeit finde ich beeindruckend.

Es ist zwar noch viel zu früh, um das zu fragen: Aber kannst du dir vorstellen, nochmal mitzukommen?

Auf jeden Fall.