In Mexiko müssen Ärzte nach dem Medizinstudium ein soziales Jahr absolvieren. Für unseren Kooperationspartner in Quintana Roo, Fundespen, arbeiten daher zur Zeit drei junge Ärzte: Juan Pablo Aguilar Mendoza, Mario Humberto Ojeda und Eunice Vega Lopez. Sie nehmen an unseren Einsätzen in Mexiko teil. In dem Interview berichten sie von ihren Erfahrungen in Quintana Roo.
Warum haben Sie sich für Fundespen entschieden?
Juan Pablo: Ich habe zuerst von einem Professor an der Uni von dieser Möglichkeit erfahren. Er hat mich darauf angesprochen und überzeugt. Erst habe ich gezögert, aber heute bin ich froh über meine Entscheidung.
Mario: Ich bin erst seit vier Wochen hier. Ich wollte eine Arbeit machen, bei der ich anderen wirklich helfen kann.
Eunice: Ich habe auch erst vor 4 Wochen angefangen. Für mich war die Entscheidung leicht. Ich kannte Juan Pablo schon vorher, denn wir haben alle drei in Mexico City studiert. Er hat mir erzählt, was er hier macht, und davon habe ich mich angesprochen gefühlt.
Was ist Ihre Aufgabe hier?
Juan Pablo: Wir wohnen in Playa del Carmen und reisen von dort aus jeden Tag in ein anderes Dorf, um die Armen zu erreichen. Insgesamt betreuen wir 11 Dörfer. Das heißt, dass wir jedes Dorf alle vierzehn Tage besuchen und die Menschen dort regelmäßig sehen.
Mario: Diese Dörfer sind wirklich sehr abgelegen und es herrscht dort große Not. In Mexiko City ist es natürlich ganz anders als hier. Ich hatte vorher überhaupt keine Vorstellung, wie es hier sein könnte.
Was sind denn die größten Probleme in der Gegend?
Juan Pablo: Die Armut und die soziale Ungleichheit. Mexiko ist eine gespaltene Gesellschaft. In einigen Gegenden gibt es großen Reichtum. Die Armen sind aber richtig arm. In Teilen von Monterrey oder Mexiko City sind die Leute sehr wohlhabend, aber in den kleinen Dörfern hier haben sie gar nichts. Darüber hinaus haben wir keine gute Krankenversicherung. Wir brauchen eine bessere Gesundheitsversorgung in Mexiko …
Mario: Aber es ist auch wichtig, dass die Leute in den armen Gegenden mehr Bildungsmöglichkeiten bekommen.
Bei Ihrer Arbeit können Sie eine Grundversorgung bieten. Wie gehen Sie denn vor, wenn Sie einen Notfall haben?
Juan Pablo: Da haben wir nur wenige Möglichkeiten. Wir können in Notfällen bis zu einem bestimmten Punkt den Patienten stabilisieren. Doch die Versorgung, die wir hier geben können, ist sehr einfach. Das nächste Krankenhaus ist oft eine Stunde entfernt. Wir besitzen selbst keinen Notfallwagen mit der nötigen Ausstattung, wir müssen also einen rufen.
Eunice: Und wenn die Patienten ins Krankenhaus kommen, werden sie nur behandelt, bis sie stabilisiert sind. Es wird also erste Hilfe geleistet. Für alles weitere, für Operationen etwa, müssen sie eine Krankenversicherung haben oder selbst zahlen.
Wie viele der Patienten sind hier krankenversichert?
Mario: Vielleicht zehn Prozent, also sehr wenige.
Hier herrscht ein großer Ärztemangel. Nur wenige Ärzte wollen in Quintana Roo arbeiten. Was sind die Gründe dafür?
Eunice: Cancún ist sehr schön, aber sonst hat man hier keine hohe Lebensqualität, es fehlen Schulen, Geschäfte, kulturelle Angebote und in manchen Dörfern sind das Mobilfunknetz oder das Telefonnetz nicht ausgebaut. Deshalb haben die meisten Ärzte wenig Lust, sich hier niederlassen.
Mario: Die meisten Ärzte, die hier arbeiten, behandeln nur Touristen, weil das für sie einträglicher ist. Es gibt Privatkliniken und Privatärzte. Deren Behandlung können sich die Leute in den Dörfern natürlich nicht leisten. Denn sie müssten alles selbst bezahlen. Hier lassen sich nur wenige Ärzte nieder, die für die Armen arbeiten wollen.
Juan Pablo: Ein Grund dafür sind auch kulturelle Unterschiede. Wir sind alle Mexikaner, aber hier stoßen wir auf eine Mentalität, die vollkommen anders ist als im Zentrum des Landes. Das macht die Arbeit schwierig. Die Leute sind sehr still, reserviert und misstrauisch uns gegenüber, weil wir aus einer anderen Gegend kommen. Es ist für uns, als wären wir in ein fremdes Land gegangen. Man muss die Leute hier oft erst überreden, den medizinischen Behandlungen zu vertrauen. Manchmal herrschen abergläubische Vorstellungen darüber, wie Krankheiten entstehen, was sie zu bedeuten haben und wie sie zu behandeln sind. Wenn man die Leute besser kennenlernt, ist man aber auch von vielen Dingen beeindruckt. Sie gehen sehr freundlich miteinander um und behandeln andere Menschen respektvoll.
Eunice: Das Klima in Quintana Roo ist auch ein Grund, warum keine Ärzte hierhin wollen, logisch. Es ist im Sommer furchtbar heiß hier.
Mit welchen Krankheiten sind Sie oft konfrontiert?
Eunice: Bei den Erwachsenen vor allem mit Hautkrankheiten, Infektionskrankheiten und Verspannungen. Die Ursache für die Krankheiten ist oft, dass die Leute viel im Feld arbeiten. Die Kinder kommen mit Halsschmerzen oder Infektionen der Atemwege. Aber das könnte mit dem Wetter zu tun haben, wir haben ja jetzt Winter und für die Leute hier ist es kalt.
Das empfinden die Leute hier als Kälte? Wir haben 25 Grad.
Juan Pablo: Im Sommer kann es hier wirklich beeindruckend heiß sein.
Sind Sie mit Ihrer Entscheidung, hier zu arbeiten, zufrieden?
Juan Pablo: Auf alle Fälle. Ich bin nun seit acht Monaten hier und ich bin froh, dass ich etwas für die Bedürftigen tun kann.
Mario: Ja, denn ich finde es wichtig zu helfen, wenn man die Möglichkeit dazu hat.
Eunice: Ja, und ich bin gespannt auf die nächsten Monate.