Einsatz in Tansania: Wir haben Leben und Tod gesehen

Im Januar und Februar haben wir unseren zweiten Einsatz im Charlotte Hospital in Sanya Juu in Tansania sowie im Massai-Gebiet durchgeführt. Medical Mission Network und die Heilig-Geist-Schwestern, die das Charlotte Hospital leiten und dort arbeiten, sind inzwischen ein eingespieltes Team. In dem Interview erzählt Pater Bennet Tierney LC, was ihn bei dem Einsatz besonders beeindruckt und was ihn nachdenklich gemacht hat.

Wie war Ihr Eindruck von diesem Einsatz in Tansania?


Pater Bennet: Es war ein sehr intensiver Einsatz. Wir waren mit einem größeren Team in Tansania, und es hat mich beeindruckt, wie gut alle von Anfang an miteinander gearbeitet haben. Es war direkt eine große Verbundenheit zwischen den Teammitgliedern zu spüren. Ich habe vieles erlebt, was mir lange in Erinnerung bleiben wird. Wir haben Leben und Tod gesehen und alles dazwischen. Wir haben Geburten erlebt und Sterbende begleitet, denen ich, wenn sie es wünschten, die Krankensalbung gespendet habe. Wir haben auch viel über die Massai erfahren, denn wir haben auch Hausbesuche unternommen, das war eine sehr intensive Erfahrung.


Team in Tansania

Wie leben die Massai? Können Sie zum Beispiel eine typische Massai-Hütte beschreiben?


Pater Bennet: Die Massai leben in Hütten aus Holzstangen, Dung und Erde, ohne Fenster. Luft kommt nur durch die Türöffnung hinein. Dennoch wird dort auch gekocht, daher steht immer Rauch in der Hütte. Die Hütten haben außerdem keinen befestigten Boden, man wohnt dort also auf der Erde. An Möbelstücken gibt es meist nur ein einziges Bett und vielleicht einen Holzstuhl oder Plastikstuhl. Gebaut werden die Hütten von den Frauen. Übrigens ist es nicht so, dass ganze Familien in einer Hütte leben. Die Massai leben polygam, der Mann lebt allein in einer Hütte und jede seiner Frauen mit ihren Kindern in einer eigenen Hütte. Über fließendes Wasser oder Elektrizität verfügen die Massai nicht, sie leben in extremer Armut. Sie ernähren sich hauptsächlich von Ziegenfleisch und trinken Milch oder Blut von Kühen.


Massai-Hütten
Kochstelle in der Hütte

Zugang zu medizinischer Versorgung haben die Massai wahrscheinlich nicht?


Pater Bennet: Sie könnten zwar in Sanya Juu das Charlotte Hospital besuchen, aber das ist sehr weit entfernt. Dorthin zu gelangen ist nicht leicht. Medizin und ärztliche Leistungen müssen die Patienten selbst bezahlen, und das können die Massai nicht. Im Massai-Gebiet betreiben die Heilig-Geist-Schwestern das Dispensary St. Hildegard. Ein Dispensary ist eine Art kleine Krankenstation. Wir wollen helfen, dass das Dispensary weiter ausgebaut werden kann, denn dies würde die medizinische Versorgung für die Menschen dort entscheidend verbessern.


War es eigentlich schwierig, das Vertrauen der Massai zu gewinnen?


Pater Bennet: Am Anfang gingen sie auf Abstand. Aber dann haben wir eine interessante Erfahrung gemacht: Wir haben einen Mann operiert, der in Begleitung seiner sieben oder acht Frauen kam. Nach dem gelungenen Eingriff war er sehr glücklich – und seitdem wurden wir von den Massai ganz anders behandelt, sie waren sehr offen und freundlich. Ich vermute, der Mann hatte großen Einfluss in seinem Dorf. Unsere Hausbesuche führten ebenfalls dazu, dass wir Vertrauen aufbauen konnten.


Welche Ziele möchten Sie mit Medical Mission Network in Tansania erreichen?


Pater Bennet: Vor allem möchten wir die Zusammenarbeit mit den Heilig-Geist-Schwestern ausbauen. Bei unseren Einsätzen geht es auch darum, die Mitarbeiter des Charlotte Hospitals auszubilden. Das ist sehr wichtig, wie schon folgendes Beispiel zeigt: In der Klinik gibt es ein EKG-Gerät, aber man konnte es nicht nutzen, weil sich niemand damit auskannte. Wir haben das Personal in der Nutzung des Geräts geschult. Außerdem möchten wir einigen Mitarbeitern die Ausbildung zum Medical Officer ermöglichen. Ein Medical Officer ist eine medizinische Fachkraft, die von den medizinischen Kenntnissen her zwischen Krankenpfleger und Arzt angesiedelt ist. Die Ausbildung kostet umgerechnet rund 1800 €. Wenn wir Mitarbeitern diese Ausbildung finanzieren können, wird das ein großer Gewinn für das Krankenhaus und die Patienten sein.


Vielen Dank für das Gespräch!