Es war ein unerwarteter Anblick, als in Francisco I. Madero, einem kleinen, abgelegenen Mayadorf, dessen Straßen vor lauter Rissen und Schlaglöchern kaum befahrbar sind, am Morgen ein neuer Hotelbus auftauchte, ein Bus mit dem Logo einer der großen All-inclusive-Ketten, die an der Küste zwischen Cancún und Tulum vertreten sind. Dass wohl Touristen gerade zu einem Ausflugsziel gefahren werden, war mein erster Gedanke. Doch er war falsch. Der Bus hielt, und nach und nach stiegen rund fünfzig Männer ein, Dorfbewohner.
Ich erfuhr, dass der Bus jeden Tag in die Dörfer im Hinterland kommt. Dort holt er Arbeiter ab, Tagelöhner, die in den großen Hotels körperlich anstrengende Arbeiten verrichten müssen. Am späten Abend werden sie zurückgebracht. Ihr Lohn: 70 Pesos am Tag, also nach dem heutigen Wechselkurs rund 3,50 €. Der Mindestlohn liegt in Mexiko zur Zeit bei 80 Pesos am Tag und damit immer noch unter der Armutsgrenze.
Ich wunderte mich darüber, dass so viele Männer zu solchen Bedingungen arbeiten müssen. Doch mit Feldarbeit, so wurde mir gesagt, verdienen sie noch weniger, nur rund 50 Pesos am Tag. Beides reicht gerade für das nackte Überleben, doch 70 Pesos sind besser als 50 Pesos.
In den Hotels der Kette, die diesen Bus schickte, zahlen Touristen mehr als 300 € pro Nacht. Der Arbeiter, der dort von morgens bis abends auf den Beinen ist, bekommt 70 Pesos. Es genügt schon, einen Tag im Hinterland von Quintana Roo zu verbringen, um zu verstehen, dass Ausbeutung viele verschiedene Nuancen hat.