Nach fünf Tagen auf dem Festland ist die Insel Cozumel unsere nächste Station: für Touristen ein Ferienparadies, doch nur wenig abseits von den Stränden und Promenaden sieht man viel Armut. Im letzten Jahr war das Team schon einmal hier: Es war der anstrengendste Arbeitstag der letzten Medical Mission. Erst spät in der Nacht waren wir im Hotel. Auch heute wurden wir schon bei unserer Ankunft von mehr als 200 Patienten erwartet. Insgesamt kamen rund 400 Patienten.
Dr. Canan Toksoy, eine junge Chirurgin, war letztes Jahr noch nicht dabei. Mexiko kannte sie schon von einer Rundreise, doch hier entdeckt sie Seiten des Landes, die von Touristen sonst nicht wahrgenommen werden. Sie arbeitet wie Dr. Gábor Egervári im Herz-Jesu-Krankenhaus in Münster. Dort hat sie von Medical Mission Network erfahren.
In einem Interview berichtet sie von ihren Eindrücken.
„Du arbeitest zum ersten Mal bei einem medizinischen Hilfseinsatz mit. War es eine schwierige Entscheidung?“
Dr. Canan Toksoy: „Als Gábor mich gefragt hat, ob ich mitkommen will, habe ich spontan gesagt: „Ja, das mache ich.“ Allerdings hatte ich in diesem Moment noch gar nicht darüber nachgedacht und war mir nicht sicher, ob ich das wirklich will. Aber dann habe ich gedacht: Jetzt habe ich zugesagt, dann mache ich das tatsächlich.“
„Bist du froh, daß du dich so entschieden haben?“
CT: „Ja, sehr. Ich wußte vorher sehr wenig über die Medical Missions. Ich habe von Gábors Planungen einiges mitbekommen, aber ich habe gar nicht viel nachgefragt. Ich wollte mich überraschen lassen. Ich kannte außer Gábor niemanden, aber von Anfang an hat mich die Offenheit und Freundlichkeit umgehauen, das Charisma der Gruppe und auch das Charisma der Legionäre Christi. Ich kannte diesen Orden vorher nicht.“
„Du bist evangelisch ...“
CT: „Ja, auch deshalb ist das für mich eine besondere Erfahrung, mit einer katholischen Gruppe unterwegs zu sein. Die Heilige Messe, die Liturgie der katholischen Kirche waren mir fremd.“
„Was ist das Besondere an der Arbeit hier?“
CT: „Das Besondere ist der Geist, der dahintersteckt: Im Krankenhausalltag neigt man dazu, genervt zu sein oder sich überarbeitet zu fühlen. Man vergißt dann manchmal, warum man eigentlich Medizin studiert hat. Hier ist das anders, man erinnert sich wieder daran, wird wieder herangeführt an die Idee, die hinter dieser Entscheidung gesteckt hat: sich um Menschen zu sorgen und sie zu behandeln, aus dem tiefen Gefühl der Nächstenliebe heraus.
„Was für Eingriffe kannst du als Chirurgin hier vornehmen?“
CT: „Kleinere Eingriffe. Ich kann z.B. kleine Hauttumore herausoperieren oder kleine Abszesse. Der größte Anteil meiner Arbeit besteht in der Behandlung orthopädischer Probleme, ich behandele hier oft Gelenkbeschwerden und Muskelverspannungen.
„Wie sind die Patienten hier?“
CT: „Sehr freundlich und wißbegierig. Sie sind sehr dankbar, wenn man ihnen etwas erklärt und empfiehlt.“
„Diese Dankbarkeit war mir letztes Jahr auch schon aufgefallen. Daran habe ich noch oft gedacht, als ich wieder in Deutschland war. Was glaubst du, was du von hier mitnehmen wirst, an Eindrücken und Erfahrungen?“
CT: „Ich lerne eine große Gelassenheit kennen: Die Leute hier glauben daran, daß alles gut wird. Das finde ich sehr beeindruckend. Die Nervosität, die man oft in sich trägt, verliert man hier. Man wird von der ganzen Gruppe getragen, das ist sehr befreiend.“
„Verglichen mit Deutschland: Gibt es etwas, was du hier vermißt?“
CT: „Einen sterilen OP.“